Partnerschaft. Empfängnisregelung. Liebe erleben.

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Geschichte der Natürlichen Empfängnisregelung

Schon seit Beginn der Geschichtsaufzeichnungen ist belegt, dass das Interesse des Menschen am Themenbereich Fruchtbarkeit zu allen Zeiten faszinierend und existenziell war. Im Lauf der Jahrhunderte gab es vielerlei Theorien. Die moderne Form der Natürlichen Empfängnisregelung entstand im Wesentlichen im 20. Jahrhundert. Einige Meilensteine der Entwicklung werden hier zusammengestellt.

Frühe Erkenntnisse

Schon 1847 beschrieb Felix Pouchet (Rouen, Frankreich) erstmals, dass vom 10.-16. Zyklustag Schleimabsonderungen stattfinden und wie der Schleim sich in dieser Zeit verändert.

1876 schrieb Mary P. Jacobi an der Harvard Universität, eine preisgekrönte Dissertation, in der sie darauf hinwies, dass sich die Körpertemperatur der Frau nach der Menstruation auf einer Tieflage befindet, dann ansteigt und mit der Menstruation wieder abfällt.

1903 erkannte Fraenkel (ein Schüler Gustav Borns), dass der Gelbkörper eine Wirkungsdauer von zwei Wochen hat.

1904 veröffentlicht Theodor H. Van de Velde (Holland) seine Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Temperaturverlauf und Ovulation. 14 Jahre später schreibt er, dass die Wirkung des Gelbkörperhormons den Anstieg der Körpertemperatur im Zyklus verursacht.

1909 kamen Paul Bouin und Paul Ancel (Professoren der Histologie in der medizinischen Fakultät, Nancy, Frankreich) zu dem Schluss, dass die Gelbkörperphase 13 Tage dauert, in denen das Endometrium auf die Einnistung des Embryos vorbereitet wird. 1910 erklären Paul Bouin und Paul Ancel, dass der Ovulationstermin 12 – 14 Tage vor der Menstruation liegt.

Kalendermethoden

Kyusaku Ogino
Kyusaku Ogino
Bildnis Hermann Knaus
Hermann Knaus
In den 20er Jahren veröffentlichten Kyusaku Ogino (Japan, 1923) und Hermann Knaus (Österreich, 1929) unabhängig voneinander Arbeiten über die möglichen Tage der Ovulation. Sie stellten fest, dass die Ovulation ca. 12 – 16 Tage vor der nächsten Menstruation anzunehmen ist.

1930 entwickelte Jan Nicolas Smulders, ein holländischer Arzt, basierend auf den Daten von Ogino als erster eine Kalendermethode zur Regulierung der Empfängnis. Diese Methode ist als Knaus-Ogino Methode bekannt. Die Berechnung ist abhängig vom kürzesten und längsten Zyklus der betreffenden Frau. Diese Methode wird nicht empfohlen, was den wissenschaftlichen Beitrag von Knaus und Ogino keineswegs schmälert.

Die Temperaturmethoden

1929 begann der katholische Pfarrer Wilhelm Hillebrand als Erster Versuche mit Temperaturmessungen zu machen. Sie sollten Frauen helfen, ihre fruchtbaren und unfruchtbaren Tage zu bestimmen. Die Anregung dazu hatte er durch die Veröffentlichung von van de Velde erhalten. Für seine bahnbrechenden Arbeiten erhielt Pfarrer Wilhelm Hillebrand 1959 den Ehrendoktor der Medizin von der Universität Köln.

1940 wurde von Rudolf F. Vollmann (Schweiz) das Phänomen der biphasischen Temperaturkurve in der deutschen Literatur erneut aufgegriffen. 1947 erschien sein Leitfaden mit dem Titel: "Fruchtbarkeit und Temperaturkurve der Frau".

1945 berichteten Mary Barton und P. P. Wiesner (England) über ihre bahnbrechenden Ergebnisse zur Bestimmung der unfruchtbaren Tage der Frau, dass ab dem 3. oder 4. Tag der Temperaturhochlage keine Schwangerschaften mehr entstanden.

Zeitgleich mit den oben genannten Autoren befasste J.G.H. Holt (Holland) sich mit dem Zusammenhang von Körpertemperatur und Fruchtbarkeit. Er definierte, dass die Temperaturhochlage erreicht ist, wenn drei Messungen höher sind als die sechs Vorausgegangenen. Mit dem Feststehen der dritten höheren Messung habe man den Beginn der unfruchtbaren Zeit nach dem Eisprungtermin erreicht. Diese Erkenntnis ist Grundlage aller modernen Auswertungsregeln der Aufwachtemperatur.

1954 veröffentlichte der deutsche Gynäkologe Dr. Gerd Döring einen kleinen Leitfaden "Die Temperaturmethode zur Empfängnisverhütung", in dem er die strenge Form der Temperaturmethode für den Zyklusbeginn erweitert. Er stellte seine Regel für die Bestimmung einer relativ unfruchtbaren Zeit am Zyklusbeginn vor. Dieser Leitfaden machte die Temperaturmethode einem breiten Publikum bekannt und wurde jahrzehntelang mehrfach aufgelegt.

Zervixschleimbeobachtung und Muttermund

In seinen Gebrauchsanweisungen für Basalthermometer ab 1949 gab der amerikanische Gynäkologe Edward F. Keefe den Rat, auch den Zervixschleim zu notieren. 1962 beschrieb er erstmals die Möglichkeit einer Selbstuntersuchung des Muttermundes zur Bestimmung der fruchtbaren und unfruchtbaren Tage.

Dres. John und Evelyn Billings

1954 untersuchte Dr. John Billings, ein australischer Neurologe, die Veränderungen des Zervixschleims im Verlaufe des Zyklus. Er zeigte den engen Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein von Schleim am Scheidenausgang mit der fruchtbaren Zyklusphase auf. Er regte an, dass jede Frau in ihren fruchtbaren Jahren diese Schleimbeobachtung lernen solle und könne.

1964 veröffentlichten Dres. John und Evelyn Billings ihre Methode der Natürlichen Familienplanung mit dem Zervixschleim als einziges Zeichen der Fruchtbarkeit. Sie entwickelten Regeln zur Bestimmung des Beginns und des Endes der fruchtbaren und der unfruchtbaren Zeiten im weiblichen Zyklus, die auf den Beobachtungen des Zervixschleims am Scheidenausgang basierten. Diese Methode ist als die 'Billings-Methode' (BOM) bekannt geworden.

Dr. Erik Odeblad

Professor Odeblad (Universität Umeå, Schweden) hat in den 50er Jahren begonnen, die physikalischen Eigenschaften verschiedener Zervixschleim-Sekretionen zu untersuchen. Er begann damals, verschiedenen Schleimtypen entsprechende Funktionen zuzuordnen. Seine Forschung hat entscheidend zum wissenschaftlichen Fundament der natürlichen Methoden beigetragen. Noch heute beruht die Auswertung der Zervixschleimbeobachtung als Zeichen für die Fruchtbarkeit auf seinen Erkenntnissen.

Als Ergebnis seiner eingehenden Untersuchung der Zervixkrypten und der Rolle, die sie in den verschiedenen Phasen des Genitalzyklus spielen, konnte er die verschiedenen Zervixschleimtypen und ihre biophysikalischen Eigenschaften bestimmen. Seine Arbeit wurde zur wissenschaftlichen Bestätigung der Billings-Ovulationsmethode und dient als Referenz für die gesamte natürliche Familienplanung.

Die symptothermalen Methoden

Prof. Dr. Josef Rötzer

Ab dem Jahr 1951 legte der österreichische Arzt Dr. Josef Rötzer in seinem Beratungsdienst Wert auf die konsequente Beobachtung des Zervixschleims. Aus den Erkenntnissen, hat er die erste symptothermale Methode entwickelt, in der die Temperatur in Abhängigkeit vom Zervixschleim ausgewertet wird. Nach einigen Veröffentlichungen ab 1962 publizierte er 1965 das erste Lehrbuch über seine Vorgehensweise unter dem Titel "Kinderzahl und Liebesehe". 1968 wird seine Vorgangsweise in einer medizinischen Fachzeitschrift veröffentlicht.1

Rötzers erstes Lehrbuch wurde immer wieder überarbeitet und ist unter verschiedenen Titeln erschienen und wurde über 45-mal aufgelegt und in 17 Sprachen übersetzt. Seit vielen Jahren ist das Buch unter dem Titel "Natürliche Empfängnisregelung" im Handel erhältlich.

Zur Förderung der Natürlichen Empfängnisregelung wurde 1986 das Institut für Natürliche Empfängnisregelung Prof. Dr. med. Rötzer (INER e.V.) zunächst für den deutschen Sprachraum gegründet. Zu den Hauptaufgaben des Instituts zählt die Ausbildung und Fortbildung von Multiplikatoren. Bisher wurden über 1000 Multiplikatoren ausgebildet. Internationale Begegnungen haben dazu geführt, dass INER Institute auch in anderen Ländern gegründet wurden. INER-Mitglieder arbeiten in mehr als 20 Ländern weltweit.

Rötzers Begegnungen mit den Amerikanern Msgr. Richard Huneger sowie Mike und Rose Fuller führte zur Gründung von SymptoPro Fertility Education, einer eigenständigen Organisation, die Rötzers Methode in den USA lehrt. (vgl. die Geschichte von SymptoPro)

1973 veröffentlichte Paul Thyma (USA) eine weitere echte symptothermale Methode, die auf der sogenannten doppelten Kontrolle beruht. Diese wurde Mitte der 70er Jahre weiterentwickelt und in England durch Dr. Anna Flynn FRCOG am Birmingham Maternity Hospital eingeführt. Die sogenannte "doppelte Kontrolle" bedeutet, dass Zervixschleim und Aufwachtemperatur zunächst unabhängig voneinander ausgewertet und anschließend kombiniert werden.

Im Jahr 1987 wurde von der Arbeitsgruppe Natürliche Familienplanung der Kath. Bundesarbeitsgemeinschaft für Beratung das Buch "Natürlich und Sicher" mit dem Untertitel "Natürliche Familienplanung – Ein Leitfaden" erstmalig veröffentlicht. In der darin dargestellten Methode, die heute unter dem Namen sensiplan® bekannt ist, wurde aus der Vorgehensweise von Rötzer eine Methode der doppelten Kontrolle entwickelt.


  1. Rötzer, J.: Erweiterte Basaltemperaturmessung und Empfängnisregelung. Arch. Gynäk. 206 (1968) 195-214.
Dr. Döring